Es war eine unvergessliche Woche für das Schillergymnasium mit einer Reihe bedeutsamer Ereignisse, die – obwohl gar nicht so geplant- im Nachhinein einen tieferen Sinn und Zusammenhang offenbarten.

So wird beispielsweise jedes Jahr am 27. Januar, dem Auschwitztag, mit einer Ausstellung an die besondere Beziehung zwischen Deutschland und Israel erinnert. Natürlich war das gerade in diesem Jahr, wo sich das Ganze zum 70. Mal jährt, wieder der Fall . Ebenso besucht Eva Mendelsson, geborene Cohn, als Zeitzeugin regelmäßig das Schillergymnasium und erzählt von ihren Erlebnissen im Dritten Reich und im Lager Gurs, vom Verlust ihrer Mutter und Schwester und ihren Sorgen, dass sich Ausgrenzung und Verfolgung wiederholen könnten. Dies tat sie dieses Jahr am 29.Januar morgens vor Neuntklässlern, und als sie hörte, dass am selben Abend der befreundete israelische Schülerchor der Thelma Yellin High School aus Tel Aviv zusammen mit dem Großen Chor des Schiller-Gymnasiums sein Konzert im Schillersaal geben würde, wollte sie gerne dabei sein.

Thelma Yellin und Schiller 2

Dirigent Yishai Steckler bringt seine Sänger zu Höchstleistungen.

 

Ausgerechnet im Schillersaal, dem Ort, an dem die offenburger Juden am 20.10.1940 auf ihre Deportation nach Gurs warten mussten. Sylvia Cohn, ihre Mutter, und die Schwester Miriam waren dabei gewesen. Daran knüpfte auch Schulleiter Manfred Keller in seiner Begrüßungsansprache an, und er betonte dabei, dass einen Tag zuvor der fünfte Geburtstag der Freundschaft zwischen den beiden Chören gewesen sei. Jeweils zweimal waren die Israelis zu Gast in Offenburg gewesen, ebenso die Schillerschüler in Tel Aviv. Eine herzliche Freundschaft verbindet inzwischen Lehrer und Schüler von beiden Seiten. Zwei Stunden hochprofessionelle Gesangs- und Musizierkunst begeisterten das Publikum und verlockten zu spontanem Zwischenbeifall und abschließenden Standing Ovations. Mit enormer jugendlicher Kraft und Frische wurde der ganze Saal regelrecht aufgeladen, und man wusste nicht, was man mehr bewundern sollte- das uneitle, natürliche Auftreten und unverkrampfte Singen der vielen als Solisten auftretenden Chorsängerinnen und Sänger, das selbstverständliche Einspringen der Klavierspieler und Sängerinnen für erkrankte Mitstreiter auf beiden Seiten, deren Part man so nebenbei profihaft miterledigte, den flinken Wechsel am Flügel, damit alle mal ihre Chance für einen kleinen Auftritt bekommen oder den mächtigen Chorklang, den diese 60 jungen Leute in den Raum stellen können. Wem bei der gemeinsam mit dem Schillerchor gesungenen Choralkantate „Verleih uns Frieden gnädiglich“ von Felix Mendelssohn- Bartholdy nicht die Tränen kamen, der hat kein Herz! Und auch das in Israel sehr beliebte Volkslied „Goldenes Jerusalem“ war ein gemeinsam gesungenes Highlight. In gewohnt guter Qualität sang der Schillerchor unter Winfried Oelbe Antonio Vivaldis „Magnificat“ mit Amelie Oertel, David Kiefer, Lily Schunk und Jonas Eckenfels als Solisten. Die vom israelischen Chor allein bestrittenen Programmteile waren neben den 18 Liebesliederwalzern von Johannes Brahms (in gut verständlichem Deutsch gesungen), die bewegende, friedenssehnsüchtige Motette „Ismael“, einige moderne israelische Lieder, teilweise auch Liebeslieder, mit zahlreichen Soloeinlagen (man sah geradezu die Opernstars von Morgen vor sich). Chorleiter Yishai Steckler, selbst Absolvent der Thelma Yellin Schule und Chordirektor der Oper in Tel Aviv, kann seine jungen Talente begeistern und zu Höchstleistungen bringen- das temperamentvolle Lied „Hem bazemer Haze“ wurde so schnell gesungen, dass die Zuhörerohren kaum mitkamen!Die Zuhörer, unter ihnen Eva Mendelsson, waren beglückt und begeistert und voller Dankbarkeit für das Geschenk dieses Abends.
Susanne Kerkovius