„Was, das sind alles Schüler und Schülerinnen? Kaum zu glauben!“ meinte eine Dame im Publikum nach dem Konzert am Sonntagnachmittag in der Evangelischen Stadtkirche. Dass man solche musikalischen Fertigkeiten nicht nur in der Schule lernt und auch Elternhaus und Instrumentenlehrer eine große Rolle spielen, da war man sich einig.
Aber es braucht auch eine Schule, die den Rahmen schafft, Lehrer, die die Talente erkennen und fördern, und manchmal darf man dann auch – so wie bei diesem besonderen Konzert- die Ernte einfahren. Und diese Ernte war reichlich, gab es doch zahlreiche erwachsen gewordene und musikalisch gereifte Persönlichkeiten zu bewundern, die dem Musikzug schon immer die Treue hielten und jetzt bald ihr Abitur in der Tasche haben werden. Winfried Oelbe, der zusammen mit Johanna Schneider die Leitung innehatte und im Wechsel mit ihr dirigierte , hatte in seiner Begrüßungsansprache Mozarts „Requiem“ ein „musikalisches Weltkulturerbe“ genannt. Der im ersten Moment als ungewöhnlich empfundene Zeitpunkt (Mai statt Totenmonat November) erklärt sich durch die Tatsache, dass das Abitur auch den Abschied von vielen sehr guten Musikern bedeutet. Jetzt konnten sie noch einmal alles geben und bei einem anspruchsvollen Werk zeigen, was in ihnen steckt. Besonders hervorzuheben sind hier die vier Gesangssolisten Julia Kirn ( Sopran), Amelie Oertel (Alt), Yannick Schwencke (Tenor) und Jonas Eckenfels (Bass). Alle vier Solisten haben ihre Stimmen stark weiterentwickelt, sind reifer im Ausdruck und unprätentiös in der Darstellung, kleine Eigenarten wurden abgelegt und das gemeinsame Singen wirkt organisch, ohne Konkurrenzgebaren- ein Ohrenschmaus! Für Julia Kirns gerade, schnörkellose Sopranstimme müsste man ein neues Wort erfinden, denn „glockenhell“ ist einfach zu abgedroschen.
Eine reife Leistung war auch Noah Roloffs Orgelspiel, die „Dorische Toccata BWV 538“ in d von Johann Sebastian Bach , ein Präludium, das dem Organisten einiges abverlangt und sowohl Hände als auch Füße zu vollem Einsatz bringt. Das alles kam schnell, aber nicht gehetzt daher und man kann sich schon vorstellen, auf welches Studienfach dieser Abiturient wählen wird. Eine Selbstverständlichkeit, dass man sich nach dem Spiel wieder unter die Chorsänger reiht und mitsingt.
Der große Chor packte die anspruchsvollen Partien gut, hatte stellenweise mit dem mächtigen Orchesterklang zu kämpfen, wo hervorragende Bläser klare Akzente setzten, überzeugte aber besonders im wiegenden „Lacrimosa“, im Zusammenspiel mit den Solisten im „Benedictus“ und im Schlussteil, dem „Lux aeterna“. Die Furcht vor dem „Maul des Löwen“ in der ewigen Verdammnis und das flehentliche Bitten um Befreiung aus der Bedrängnis kamen glaubwürdig zum Ausdruck. Das Orchester, unterstützt von Musiklehrerin Barbara Lutz am Schlagwerk und Orgelpositiv, spielte auf hohem Niveau, man traute seinen Augen nicht, was für junge Kinder da zwischen den Oberstufenschülern saßen und problemlos mithalten konnten. Entsprechend begeistert fiel der Beifall aus, auch Schulleiter Manfred Keller drückte Stolz und Anerkennung aus.
Wie formulierte es meine Nachbarin? „Einfach hinreißend!“ Genau.
Susanne Kerkovius
Bildes des Konzertes finden Sie hier .