Mit einer Installation zum Gurs-Gedenktag halten Neuntklässler des Gymnasiums die jahrzehntelange Erinnerungskultur aufrecht.

OFFENBURG. Den Schillersaal als Erinnerungsort an die Geschichte der jüdischen Offenburger Mitbürger für eine Installation zum 22. Oktober zu benutzen, liegt auf der Hand. Der damalige Turnsaal der einstigen Knaben-Oberrealschule war der Ort, wo die letzten hundert Menschen der ehemals blühenden jüdischen Gemeinde 1940 auf Befehl von Gauleiter Robert Wagner interniert und vom Bahnhof aus ins Lager Gurs in den Pyrenäen deportiert wurden.


Ihr weiterer Schicksalsweg endet überwiegend in Vernichtungslagern im Osten, aber auch schon in Gurs starben viele an Hunger und Seuchen. Es gehört zum Profil der Schule, diese Erinnerung zu bewahren und damit ein „wichtiges Zeichen gegen das Vergessen und gegen Antisemitismus“ zu setzen, wie man auf der Homepage der Schule lesen kann. Geschichtslehrerin Christine Schmitt lässt sich dazu jedes Jahr eine neue Form einfallen: Kunstprojekt, Menschenkette um das Gebäude herum, Lesungen und Zeitzeugengespräche waren schon zu erleben. In diesem Jahr geht es um Schuhe – der Boden des Schillersaals ist bedeckt von abgelegten Schuhen in verschiedenen Stadien der Benutzung. Turnschuhe, elegante Damenschuhe, Wanderstiefel, kleine und große Exemplare. Jedes Paar symbolisiert einen der hier eingesperrten Menschen, dessen Weg hierher gezwungen wurde, steht für ein Schicksal. Man fühlt sich auf beklemmende Weise erinnert an die Haufen von Koffern, Brillen, Schuhen und Kleidungsstücken, die im KZ Auschwitz hinter Glas zu sehen sind.
Aylin, Paula und Meike von der Klasse 9c sowie Justin und Maxim aus der 9e haben wie viele andere Neuntklässler ihre Schuhe für das Projekt hergegeben und sich mit dem Thema beschäftigt. Sie stehen den Besuchern am 22.10. im geöffneten Schillersaal für Gespräche zur Verfügung und berichten über das Projekt. „Alle neunten Klassen haben sich mit ihrem Geschichtslehrern mit dem Thema beschäftigt. Die anderen Klassen sprechen heute mit ihren Lehrern über den Tag und kommen auch her, um die Installation zu sehen“, erzählt Aylin. Paula findet es wichtig, dass die Erinnerung wach gehalten wird, und Meike ergänzt:“Es ist für mich ein komisches Gefühl, dass das gerade hier war, wo wir unseren Schulversammlungsort haben“. Justin fände es ideal, wenn die Installation ein Anlass wäre, dass einzelne Schülerinnen selber Nachforschungen betreiben. „Man kann ja bei dem Gedenkbuch im Salmen mitmachen“, schlägt er vor. Und Geschichtslehrer Stefan Schipperges ist sich mit Schulleiter Manfred Keller einig: „Es ist schön, dass wir nun eine so zuverlässige, jahrzehntelange Erinnerungskultur hier haben.“ Schulleiter Keller, der bei einer Reise nach Israel sogar einen aus Offenburg stammenden ausgewanderten Überlebenden kennengelernt hatte, hat dadurch auch einen ganz persönlichen Bezug zum Geschehen. Fazit: So berührt Geschichte das Herz und bleibt nicht abstrakt. Und durch das immer neue jährliche Erinnern werden viele nachwachsende Jugendliche erreicht. Eine sehr wichtige Arbeit, gerade heutzutage!

Susanne Kerkovius (aus: BZ 23.10.2019)