Schiller in Space – Meppen 2016
Die Schiller-in Space-AG führt Messungen und Versuche in der Tropos- und Stratosphäre durch und beschäftigt sich mit autonom fliegenden Flugobjekten, mit dem Ziel, eines Tages ein Modellflugzeug aus der Stratosphäre zum Startplatz zurückgleiten zu lassen. Einmal im Jahr geht es zur Wehrtechnischen Dienststelle 91 nach Meppen, um die vorbereiteten Versuche durchzuführen.
(Jens Söchtig, Sondenjäger)
Der am höchsten Punkt des Fluges platzende Ballon in Zeitlupe. Zur Animation in voller Auflösung
Tag 1, Dienstag, der 14.6.16
Dass Dienstagmorgen ein DHL-Auto unsere Hofeinfahrt verlässt, ist selten, normalerweise kommen Pakete bei uns eher gegen Mittag an. Unserem leicht verspätet anreisenden Informatik-Lehrer kam das besonders ungelegen, versperrte der Lieferwagen für kurze Zeit die Zufahrt auf die Tiefgarage, wo sich ein 14-köpfiges Team zur Abreise Richtung Meppen/Niedersachsen fertig machte.
Warum mitten in der Schulwoche für 5 Tage das Bundesland verlassen? Ziel der Schiller in Space – AG war, insgesamt drei Flüge, mit Messinstrumenten und selbst entwickelten Versuchen, bis hinauf in die Stratosphäre, durchzuführen. Das geht entweder per Rakete oder Wetterballon. Um Probleme mit dem Ordnungsamt zu vermeiden, setzt das Schiller-in-Space-Team seit nunmehr 4 Jahren auf heliumgefüllte Wetterballons, die die Wehrtechnische Dienstelle 91 in Meppen regelmäßig startet und an die wir unsere Nutzlast hängen dürfen.
Begleitet wurde das Jungforscher-Team, wie jedes Jahr, vom Chemielehrer Jürgen Vörg und dem Informatiklehrer Marek Czernohous, die sich dieses Mal zur Verstärkung einen Maschinenbauer ins Boot geholt haben: Klaus Neumann.
Damit war das Team noch nicht komplett. Die Hochschule Offenburg hat uns mit Benjamin und Marius ein kleines Filmteam zur Dokumentation zur Seite gestellt, welches uns die Woche begleitet hat!
Neben den eigentlichen Stratosphärenflügen sollte dieses Jahr ein halbautonom fliegender Hexakopter Luftaufnahmen vom mutmaßlichen Landeort machen, um das Wiederfinden unseres Equipments zu erleichtern.
Sollte. Wie das so ist, der Teile-Händler hat sich gleich mehrmals beim Packen unserer Pakete vertan, ohne passende Teile konnte der Kopter nicht fertiggestellt werden und die letzte, nun hoffentlich richtige Lieferung, hat am Vortag erst das Lager verlassen. Keine Chance. dass der DHL-Bote vor Mittag…
Hr. Czernohous schien sich plötzlich an den Grund seiner Verspätung zu erinnern, verschwand Richtung Sekretariat und kam kurz darauf mit dem dringend erwarteten Paket zurück. Nun musste es schnell gehen, zurück zum Haus unseres Drohnenbauers- und Piloten, alle benötigten Teile in den bereits üppig beladenen Fahrzeugen verstaut und auf Richtung Norden.
Nach 600km und einem „Die Känguru-Chroniken“-Hörbuch später, konnte dann in der Ferienwohnung entladen werden. Kurz darauf ging es an die letzten Vorbereitungen. Die unerwartet rechtzeitige Teilelieferung ließ die Nacht, besonders für die für den Hexakopter zuständigen Schüler, länger werden. Fertigstellung um 02:30, Erstflug um 06:00 und um 07:30 waren wir an der Bundeswehr-Wetterwarte verabredet.
Aber auch die anderen Teams waren nicht unterbeschäftigt. Die Messbox mit unseren Dräger-Messgeräten musste flugfertig gemacht werden. Derweil machte uns die Windvorhersage etwas nervös, der Wind blies Richtung Nordsee, damit haben wir bereits gemischte Erfahrungen gemacht.
Tag 2, Mittwoch, der 15.6.16
Nicht lang nach Sonnenaufgang standen wir an der Ballonstation und trafen dort auf zwei Funkamateure, Jens und Henning, die sich bereit erklärt haben, uns zu zeigen, wie man Wetterballone findet (bzw. die daran hängenden Messsonden), ohne auf Anfängerglück vertrauen zu müssen. Als Erinnerung: Bisher gingen nach der Landung unserer Instrumente meist gleich mehrere Stunden ins Land, bis uns, mit eher mehr als weniger Fortune, die Bergung gelang. Das sollte nun ein Ende haben.
Jens und Henning konnten die Sonde nicht nur live verfolgen, Henning hat für uns eine von ihm entwickelte Software eingesetzt, die, mit Hilfe der empfangenen Daten, die Landeposition durchgehend aktuell prognostiziert.
So standen wir, rund 2 Stunden nach dem Start, glücklicherweise diesseits der Küstenlinie, auf einem Acker irgendwo in Holland und starrten, bzw. filmten, in die Gegend. Bis Franziska etwas am Himmel entdeckte.
Den Start unserer Messboxen konnten wir nun schon oft beobachten, aber für die Landung wars Premiere. Ein Moment, den wohl keiner von uns vergessen wird.
Jetzt standen wir da, mit unserer Suchdrohne in der Hand und mit Blickkontakt auf unsere sanft gelandeten Messinstrumente.
Naja, wir sind sie dann natürlich trotzdem geflogen, sicher ist sicher.
Henning und Jens konnten wir nach dieser Performance natürlich nicht gehen lassen. Sie begleiteten uns, nach dem Versprechen zu einer warmen Mahlzeit, in unseren Stützpunkt. Unglaublich aber wahr, mit vereinten Kräften gelang es noch am Nachmittag, eine funktionierende Ausrüstung zum Wettersonden-live-tracken und ein paar angehende Funkamateure mehr zu haben.
Die zweite Nacht verlief dann etwas ruhiger, so dass sogar etwas Zeit zum Verfolgen der Fussball-EM oder dem Lösen von Rubiks-Cubes blieb. Oder für einige nächtliche Drohnentests im nahegelegenden Industriegebiet.
Tag 3, Donnerstag, der 16.6.16
Zum zweiten Start am nächsten Morgen konnte uns Jens noch einmal begleiten, diesmal blies der Wind etwas mehr aus Westen, so dass der Ballon ca. 150km nordöstlich von Meppen nieder ging. Auch diesmal waren wir rechtzeitig zur Landung vor Ort und konnten live miterleben, wie sich die Fracht satt in die Baumkrone eine Rotbuche senkte. Die wiederum auf einer stromumzäunten Kuhweide stand.
Was wir schon auf unserer ersten Kampagne 2012 gelernt haben: Es ist nie verkehrt, einen Hochleistungssportler dabei zu haben. Während Hr. Vörg sich nach einem Frontlader umschaute und Hr. Czernohous durchrechnete, wieviel Kühe übereinander den Baumwipfel erreichen würden, kletterte Max kurzerhand den Baum hinauf und barg die Box.
Das Ganze war so aufregend, dass wir vergessen haben, Bilder zu machen.
Auch am zweiten Tag hatten wir die Box also kurz nach der Landung wieder in unseren Händen. Was tun mit dem angebrochenen Tag? Benjamin hatte die Idee, noch ein paar Szenen an der Nordseeküste zu drehen, der Bitte sind wir kurzerhand nachgekommen und 80km später standen wir in frischer Nordseeluft an der Küste von Norddeich, atmeten tief durch, aßen das wohl mieseste Fischbrötchen der 7 Weltmeere (O-Ton M.Czernohous), um dann gegen Abend wieder in Meppen einzutreffen.
Auch für den dritten Flug waren noch Vorbereitungen zu treffen.
Der spätere Abend wurde durch das EM-Gruppenspiel Deutschland-Polen bestimmt. Eine Begleitperson wurde überzeugt, mit der Schülergruppe zu seinem ersten Public-Viewing zu gehen und wurde mit einem nervenzerfetzenden 0:0 belohnt.
Tag 4, Freitag, der 17.6.16
Am vierten Tag waren wir bei der Ballonsuche wieder auf uns allein gestellt. Prompt waren wir erst 10 Minuten nach der Landung vor Ort, gegenüber der letzten Jahre aber eine deutliche Steigerung. Heute hätten uns ein paar Luftbilder die Suche erleichtern können, nur hat der einsetzende Dauerregen den Drohnenstart verhindert. Also die letzten Meter Old-School mit Geokoordinaten und Zielpeilung, darin haben wir Erfahrung.
Was macht man mit dem angebrochenen Tag? Die letzten Tage sind wir gleich zweimal an der aufgegebenen Transrapid-Testrecke vorbei gekommen, die wollten wir uns nun genauer ansehen.
Drei Starts, dreimal erfolgreiche Bergung, einen Haufen Messdaten, Bilder und Videos. Letztendlich ein optimaler Messkampagnenverlauf.
Einen Tag später ging es dann glücklich und müde zurück in die Ortenau.
Warum wir nächstes Jahr wieder kommen, obwohl wir über 100.000 Datensätze gewonnen haben? Die Frage beantworten wir gerne mit einem weiteren Zitat:
(Jens Söchtig, Sondenjäger)