Am Mittwoch, den 4.7. ist es soweit. Die Autos werden beladen und die Reise nach Meppen beginnt.

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Nun ist das nicht so, dass wir die fertige Technik ins Auto geladen hätten, um uns die Zeit der Fahrt mit Hörspielen zu vertreiben. Schon in den letzten Tagen hat sich abgezeichnet, das einige Kleinigkeiten, die zu erledigen waren, doch noch erhöhten Arbeitseinsatz erforderten.

So haben wir nicht nur Messgeräte, Lötkolben, Kabeltrommeln und diverse Werkzeuge dabei, sondern auch 12V-Netzeile für die Laptops, so dass die Rückbank zum Entwicklerbüro umfunktioniert werden kann.

Die Nacht der langen Messer

Nach Ankunft in der Ferienwohnung und Auspacken der Technik geht die Arbeit weiter. Es soll eine sehr lange Nacht werden.

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2200 Uhr: Die Arbeit am GSM-Modul beginnt, der Autopilot des FunJet eingerichtet und getestet. Der aufheulende Motor dröhnt vom Balkon über das ansonsten ruhige Meppen.

0100 Uhr: Das GSM-Modul will nicht mit dem Xmega-Board kommunizieren. Aufgrund der noch anstehenden Arbeiten ziehen wir Plan B zur Ortung aus der Tasche. Ein betagtes 3G-Iphone  wird mitfliegen. Wir müssen auf Apples „find my iPhone“ und die 400Mhz-Direktverbindung für die GPS-Koordinaten vertrauen.

0130 Uhr: Unsere LiFe-Akkus haben keine Spannung(!). Nach kurzer Aufregung wurde dann das Messkabel richtig eingesteckt, ist halt schon spät. Erste Club-Mate Runde.

0145 Uhr: GoPro lädt über externen Akku, Spannungsregler funktionieren. iPhone-Ortung ist getestet. Es gibt hier übrigens kein WLAN, wir versorgen uns mit zwei GSM-Donglen.

0200 Uhr: Zweite Clubmate-Runde, hier siehts es zunehmend aus, wie im Space-Shuttle-Unterdeck.

0230 Uhr: Funkenschlag beim Anschließen der Akkus am zweiten Spannungsregler! Nochmaliges Durchmessen der gesamten Spannungsversorgung. Abschirmung hat Kontakt mit der Phase gehabt, sonst ist nix passiert.

0245 Uhr: Das Counterprogramm für den Geiger-Müller-Zähler funktioniert.

0300 Uhr: nächste Club-Mate-Runde. Die Arbeit an der Ausklinkvorrichtung beginnt. Zeitgleich wird mit dem endgültigen Verlöten begonnen.

0310 Uhr: USB-Stick, den wir zur Sicherung der Software verwenden, ist defekt. Murphys Law.

Die GoPro ist fertig verlötet und einsatzbereit.

0330 Uhr: Für die Ausklinkvorrichtung Kabel verlängern, Servo ansteuern.

0400 Uhr: Einholen des aktuellen Wetterberichts. Südlage, der Ballon wird Richtung Nordsee gehen. Welche Dramatik das entwickeln wird, ahnt jetzt noch keiner von uns.

Überzählige Kondensatoren an die Außenwand geklebt, um zu prüfen, ob sie in großer Höhe platzen. Später werden wir feststellen, dass sie es nicht tun.

Die letzten „kleinen“ Arbeiten dauern bis 0700 an um 0720 brechen wir zum Startplatz auf…

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Golden Eye

Gestartet wird unser Ballon auf der Wehrtechnischen Dienststelle 91.

Das Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung betreibt dort eine eigene meteorologische Station, die täglich Wetterballone steigen lässt. Mit dieser konnten wir um Vorfeld eine Zusammenarbeit vereinbaren, so dass wir keine eigene Aufstiegsgenehmigung der Flugsicherung benötigen, sondern einfach einen bereits vorgesehenen Slot benutzen können.

Die Arbeit mit dem Mitarbeitern vor Ort ist sehr angenehm wir fühlen uns pudelwohl.

Bereits um 0600 wurde ein Wetterballon gestartet, der ging einige Kilometer vor der Küste über dem Festland zu Boden. Da wir mit größerer Nutzlast von einer geringeren Aufstiegshöhe und Flugweite ausgehen konnten, entscheiden wir uns trotz Südlage für einen Start.

Um ca. 0830 wird die Stromversorgung eingeschaltet und die Box geschlossen. Für unser Ziel, einen FunJet mit hoch zu nehmen, haben wir eine Colaflasche an unsere noch zu testende Ausklinkvorrichtung gehängt, die, versehen mit einem Fallschirm, aus einigen hundert Metern zurück zu Boden sinken sollte.

Wie wir später feststellen mussten, ist beim Zusammenbau vor Ort ein Kabel gebrochen, so dass die Colaflasche den ganzen Flug mitmachen musste. Nicht auszudenken, wenn der FunJet daran gehangen hätte.

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0845 Uhr: Start des Ballons

In der meteorologischen Station ist der Flugweg am Computer zu verfolgen, ein Auto ist direkt Richtung Norden losgefahren. Das Drama nimmt seinen Lauf.

Immer in Rücksprache mit der WTD geht es Richtung Küste. Erst bis Papenburg, dann nach Leer und schließlich nach Emden.

1105 Uhr: Kurz vor Emden haben wir eine erste Ortung des iPhones, über Land. Der Jubel hält allerdings nicht lange, einige Minuten später wird uns eine Position mitten im Dollart, vor Emden, angezeigt. Nicht gut.

Mission possible

Das zweite Auto ist inzwischen auch auf dem Weg und hält auf die Niederländische Seite zu, in der Hoffnung, unsere Box wird dort angeschwemmt.

Mit Wasser haben wir nicht gerechnet und wir fürchten, dass uns jeden Moment das iPhone ausgeht und wir die Ortung verlieren, da wir das Telefon nur mit Malerfließ gegen Feuchtigkeit geschützt haben.

An der Küste angekommen, informiert uns der Kapitän einer Fähre, dass das Wasser in dem Bereich, wo wir unsere Nutzlast vermuten sehr flach sei, wir benötigen also ein Schlauchboot. Wir entscheiden uns, in Emden die Wasserschutzpolizei aufzusuchen, der Gedanke, das monatelange Arbeit umsonst gewesen sein könnten, lastet schwer.

Die Hilfsbereitschaft und der Tatendrang bei der Wasserschutzpolizei, lässt uns wieder Hoffnung schöpfen. Auf Seekarten wird die genaue Position des Ortungssignals bestimmt und ein Schiff des Wasser- und Schiffartsamtes, die „Lütje Hörn“ ausfindig gemacht, welches im Dollart unterwegs ist. Die „Lütje Hörn“ ist ein Katamaran mit nur 1,2m Tiefgang und deshalb für die Bergung durchaus geeignet.

1430 Uhr: Wir telefonieren mit dessen Kapitän und warten. Als der Rückruf erfolgt, teilte uns dessen Kapitän mit, dass man bei den angegebenen Koordinaten nichts gefunden hätte und dass man mangels genügend Wasser unter den Kielen umdrehen müsse.

Mitten im Satz hört man im Hintergrund ein Besatzungsmitglied etwas rufen.

Die Box ist gefunden. In letzter Sekunde. Unglaublich.

1530 Uhr: Rendevouz mit der „Lütje Hörn“, wir sind überglücklich, obwohl unsere Elektronik ein trauriges Bild bietet. Die Box ist vollgelaufen, Mikrocontroller, Geigerrohr, Netzteil und LiFe-Zellen sind zerstört. Unsere Kamera sieht äußerlich noch ganz gut aus, wir entnehmen vorsichtig die SD-Karten und machen uns auf den Rückweg nach Meppen.

1730 Uhr: Die SD-Karten werden vorsichtig trockengefönt und ins Lesegerät gesteckt. Bange Momente später ist klar, wir haben die Daten!

An den geplanten zweiten Start ist leider nicht mehr zu denken, die kaputten LiFes machen die Hoffnungen, den Mikrocontroller nochmals in Gang zu setzen, zunichte.

Den zweiten Tag würden wir vor allem nutzen die Daten aufzubereiten und die Filmaufnahmen zu schneiden.

Der Film wird an dieser Stelle am Freitag, den 13.7. veröffentlicht.

Wir danken an dieser Stelle den Mitarbeitern der WTD 91 für die nette und kompetente Betreuung und Hilfe, den Mitarbeitern der Wasserschutzpolizei und der Besatzung der „Lütje Hörn“ für Bergung und Rettung der monatelangen Arbeit.

Danke.

Unsere Schnitzeljagdausrüstung
Unser „Rettungskreuzer“
Der Finder!
Unsere Sensorbox