(Dies ist der erste Teil unseres Praktikumsberichtes. Zum zweiten Teil geht es hier entlang)
Zu einem Praktikum der besonderen Art hat uns die Deutsche Meeresstiftung und das GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Meeresforschung eingeladen. Der Hintergrund ist folgender:
Im Oktober 1945 kam es vor der Insel Vilm zu einer schwerwiegenden Explosion einer Schute, die Weltkriegsmonition im Meer verklappen sollte. 81 Personen starben dabei. Die Zersetzungsprodukte des Sprengstoffs sind potentiell umweltbelastend, u.a. krebserregend und werden unter Umständen nun in einem Bereich zwischen Rügen und er Insel Vilm freigesetzt. An der Frage, ob dort tatsächlich größere Mengen Sprengstoff liegen ist auch der Kampfmittelräumdienst interessiert.
Am Thema von sprengstoffbelasteten Gewässern forscht das GEOMAR schon seit Längerem, u.a. mit Kartierungen, Sediment- und Gewässerproben. Zu dieser Forschung waren wir nun eingeladen, mit unserem schuleigenen Unterwasserroboter (oder auch „ROV“ für remotly operated vehicle) teilzunehmen.
Vor der Ostseeinsel Rügen stand infolgedessen die Kartierung des Meeresbodens auf dem Programm, verbunden mit der Suche nach versenkter Munition und dem Gewinnen von Wasser- und Sedimentproben, die anschließend in den Laboren des GEOMAR auf TNT-Abbauprodukte untersucht werden sollen.
Also wurde von unserer „Schiller-by-the-Sea“-Interessengruppe aus NwT und Informatikunterricht (Martin Eitel, Antonio Rehwinkel, Alexander Komyakov, Luisa Sauerbrey) die entsprechende Beprobung mit unserem ROV vorbereitet und getestet, anschließend alles eingepackt und dann ging es mit NwT-Lehrer Marek Czernohous auf die Reise nach Stralsund, wo wir zum Boarding auf die Forschungsyacht „Aldebaran“ an der Kaimauer erwartet wurden.
Tag 1 – Erster Überblick und Kalibrierungsfahrt
In Stralsund wurden wir von Skipper Frank und Co-Skipper Hannes begrüßt, die mit uns mit kleiner Knotenkunde und einer Sicherheitsanweisung in den Tag starteten. Kurz darauf trafen die Wissenschaftler:innen vom GEOMAR ein, Mareike und Jens, die sogleich damit begannen, das „Multibeam“ in Betrieb zu nehmen. Ein Messintrument, mit dem der Meeresgrund abgetastet wird, um alte Munition auszumachen, die wir in dem Bereich vor Stralsund vermuteten. Nachdem wir unseren Lehrer für diesen Tag an Land verabschiedeten, ging es zur ersten Kalibrierungsfahrt, um die immerhin 512 Strahler des Fächerecholots einzurichten. Mittlerweile hatte der Wind deutlich aufgefrischt und hat uns gleich am ersten Tag mit bis Stärke 9(!) auf unsere Seetauglichkeit geprüft.
Nach ein paar Proberunden vor Stralsund, war es Zeit für das erste Abendessen an Bord. Anschließend konnten wir den sehr langen Tag damit ausklingen lassen, unseren Roboter im Hafenbecken zu testen und ein paar Quallen den Weg nach Hause zu leuchten.
Tag 2 – Full scan, Mr. Data!
Der nächste Morgen startete mit einem Frühstück und ging dann nahtlos in die drei Tagesbriefings über: Allgemeines Briefing, nautisches Briefing und wissenschaftliches Briefing. Heute stand die Überfahrt zum Zielhafen Lauterbach auf dem Programm, bei dem sowohl der Meeresboden mit dem Multibeam gescannt, als auch die ersten Wasserproben genommen werden sollten.
Das Detektieren von sprengstofftypischen Verbindungen in Wasser ist leider nicht trivial, so dass beispielsweise die Filterung der Proben bereits an Board beginnen muss, weshalb die Beprobung nicht so einfach nebenbei laufen kann. Trotzdem hat es Luisa als Chief of Schadstoffanalyse hin- und wieder auch an Deck geschafft. Der Einsatz einer Multiparametersonde konnte weitere Daten über die Wasserqualität liefern.
Im Hafen von Lauterbach gab es dann anschließend Mittagessen, Reis und sehr leckere Soße hat alle Akkus schnell wieder gefüllt, damit es am Nachmittag mit Multibeamkartierungen weitergehen konnte. Nach weiteren 5 Stunden Datengewinnung konnten wir den Tag bei einem abendlichen Käsebrot und einem wunderschönen Sonnenuntergang ausklingen lassen.
Tag 3 – Im Blindflug zur Bombe
Um 06:00 klingelte der Wecker zum nächsten Tag. Beim Tischdecken tauchte dann unser Lehrer mit einer Tüte frischer Franzbrötchen auf, die durchaus zu den Croissants unseres Skippers Frank zu harmonieren wussten. Nach dem obligatorischen Tagesbriefing ging es nun erneut auf Ausfahrt, diesmal Richtung der Insel Vilm.
Die Verfeinerung der gestern bereits begonnen Kartierung führte uns in extrem seichte Gewässer und während einer Wende passierte es, unser Forschungsschiff setzte auf einer Untiefe auf. Glücklicherweise ist die Aldebaran ein durchaus robustes Stahlboot und nach nur wenigen Minuten war sie wieder frei und die Messungen konnten weitergeführt werden.
Durch die immer genauer werdende dreidimensionale Karte fällt es uns leicht interessante Stellen für Tauchgänge zu finden und tatsächlich ist eine verdächtige Erhebung zu sehen. Wir bereiten unseren Tauchroboter inkl. unseres Probengreifers vor und werfen den Anker. Wir werden der Tauchrobter nur mit leerem Akku oder einer mit Sediment gefüllten Schaufel zurück auf das Schiff lassen.
Obwohl die Sicht in der Ostsee durch die vielen Schwebstoffe deutlich schlechter als beispielsweise im Bodensee ist, finden wir die Stelle. Eine ca. 2,5m lange Erhebung, die von ihrer Form eine im zweiten Weltkrieg übliche Bodenmine sein könnte. Mit etwas Respektabstand greifen wir eine Sedimentprobe für die spätere Analyse und tauchen wieder auf. Nachdem wir vor Ort eine weitere Wasseranalyse genommen haben, fuhren wir zurück zur Marina Lauterbach. Nicht, ohne unterwegs noch drei Wasserproben und eine Sedimentprobe, diesmal mit dem „Van-Veen“-Greifer der Aldebaran an Board zu holen.
Zurück im Hafen räumen wir das Schiff auf und gehen anschließend im Hafenrestaurant essen, um den Tag mit Fish&Chips ausklingen zu lassen.
Tag 4 – Torpedo auf 9 Uhr!
Früher als sonst stehen wir auf und richten das Frühstück. Auch ohne Briefing wissen alle, der letzte Tag auf der Aldebaran steht an, heute müssen die Kartierungen abgeschlossen und die letzten Wasserproben genommen werden. Heute bekommen wir Verstärkung von Inken, einer erfahrenen ROV-Pilotin des GEOMAR, der wir, ein bisschen stolz, unseren Tauchroboter zeigen. Die Geräte die Inken bewegt sind allerdings etwas größer (3 Tonnen aufwärts) und sie verspricht uns im Gegenzug in den kommenden Tagen eine Führung durch die Technikabteilung des GEOMAR.
Während der Morgenbriefings wird klar, dass wir eventuell sogar noch genug Zeit für eine Tauchroboterfahrt haben, falls wir noch etwas Interessentes bei der Kartierung finden sollten. Motiviert verlassen wir den Hafen.
Einige Zeit später lassen wir den Tauchroboter ins Wasser. Etwa 50 Meter von uns ist ein etwa 2 Meter großes längliches Objekt. Wir befürchten, das es ein etwas im Sand eingegrabener Torpedo sein könnte.
Die Suche mit dem Tauchroboter gestaltet sich schwer, doch mit der Hilfe von Inken schaffen wir es, das Objekt in dem trüben Gewässer zu finden. Wir öffnen die Greifer-Schaufel unseres Tauchroboters und nehmen eine Sedimentprobe.
Zurück an Bord stellen wir fest, dass die Probe aus der Schaufel gefallen sein muss. Da der Zeitplan für einen zweiten Versuch nicht ausreicht, müssen wir etwas enttäuscht müssen den Rückweg nach Stralsund antreten. Auf dem Rückweg nehmen wir letzte Wasserproben und messen die Wasserqualität.
Am Abend sind wir zurück in Stralsund. Auch wenn wir zwei verdächtige Objekte gefunden und eins davon in der Nähe beproben konnten, so kann für den Bereich zwischen Lauterbach und Vilm Entwarnung gegeben werden: Durch die detaillierte Kartierung und unsere Tauchgänge können wir sagen, dass hier weder Überreste der Schuten, noch größere Mengen an Munition liegen.
Tag 5 – Der frühe Vogel fliegt nach Vilm
Um 05:30 – die Aldebaran musste sich früh auf den Transit zur nächsten Schüler:innengruppe machen, gingen wir in Stralsund von Board, nicht ohne vorher klar Schiff gemacht zu haben, das Gepäck musste ebenfalls von Bord und ins Auto. Etwas müde starteten wir zum nächstgelegenen Bäcker, um dann wieder Lauterbach anzusteuern, hier sollte uns ein Mitarbeiter vom Bundesamt für Naturschutz abholen, um mit uns zur Insel Vilm überzusetzen. Die anschließende Führung über die Insel war sowohl lehrreich , als auch beeindruckend, die meisten von uns dürften bisher noch nicht in einem 500 Jahre unberührtem Wald gestanden haben.
Nach der Rückfahrt mussten wir uns wiederum auf den Transit nach Kiel begeben, am kommenden Tag wurden wir von Jens uns seinen Mitarbeiter:innen am GEOMAR erwartet, wo wir uns eine ganztägige Einführung in verschiedene Themenbereiche des GEOMAR, Laborarbeit zur Auswertung unserer Proben, als auch eine Technikführung erwarten soll. Genug Inhalte für einen Teil 2 des Reiseberichtes.
Text und Bilder: Antonio Rehwinkel, Lektorat: Marek Czernohous