Wenn die Tage kürzer werden und der kalte Hochnebel auf das Land drückt, dann kann sich der berüchtigte November-Blues schon arg auf das Gemüt schlagen. 

Eine volle Packung Kultur kommt da gerade recht, um die dunklen Gedanken zu verscheuchen.

Diese liefert, wie immer zu Schillers Geburtstag,  der KISS- Abend (Kultur im Schillersaal) im Schiller-Gymnasium.  Unter der künstlerischen Leitung Verena Hubers gelang es auch dieses Jahr wieder, ein abwechslungsreiches Programm auf die Beine zu stellen. Nach einem krautig-rockigen Opener durch die Zwei-Mann-Lehrerband „Magister“ (Andreas Müller, Gitarre und Kilian Lenhard, Schlagzeug)  boten Schülerinnen und Schüler der Klasse 6b eine sehenswerte Choreografie mit selbstgefertigten Pois, die in der Welt der Artistik  als Spinning-Elemente verwendet werden und auf die Tradition der neuseeländischen Maori zurückgehen. 

Nachdenkliches präsentierten mit ihren klassischen  Poetry-Slam-Beiträgen zwei angehende Abiturientinnen: Anna Klemptner ließ ihre Gedanken um die zahlreichen Entscheidungsmöglichkeiten während der 86400 Sekunden eines Tages kreisen, während Mara Betjemann mit ihrem „Appell an uns alle“ dem „Puren“ und „Echten“ nachspürte. 

Der altehrwürdige Bösendorfer Flügel kam im ersten Teil des unterhaltsamen Abends gleich zweimal zum Einsatz. 

Der gerade einmal zehnjährige Fünftklässler Samuel Riebs begeisterte das Publikum mit „In un’ altra vita“ , einem schönem Exempel minimalistisch angelegter und äußerst ohrgefälliger Instrumentalkunst aus der Feder des italienischen Komponisten Ludovico Einaudi. 

Die  Musiklehrerin Karolin Stegmann brachte zum KISS-Abend ihre Zwillingsschwester Friederike Gebhhardt, ebenfalls Musiklehrerin,  mit. Mit der berühmten Rhapsodie Nr. 2 von Franz Liszt entfachten die „Stegmann-Twins“ sodann ein vierhändiges Feuerwerk, das alle Versammelten in ihren Bann riss. 

Das an einem ungarischen Volkstanz angelehnte Stück entfaltete nach einem zunächst gemächlichen Beginn unter den Händen der Geschwister  seine ganze Kraft. Beiden gelang es mit Spielfreude und Leidenschaft die virtuosen Linien des Stückes technisch meisterhaft zu vermitteln

Bei der Interpretation von Astor Piazollas „Libertango“ lieferten die Zwillinge großes Spektakel. So wurden die vier Hände gleichsam über Kreuz geführt und die Plätze getauscht. Das Publikum konnte nur noch staunen. 

Passend zum ersten Teil lieferten die « Schiller-Sisters », ein Lehrerinnen-Chor, mit einem  Carpenters-Louis-Armstrong-Medley „Top of the wonderful world“ einen „Feelgood“ – Beitrag, der die trüben November-Gedanken endgültig zu verscheuchen vermochte. 

Nach der Pause präsentierte die Experimentier-AG „Chemische Schummeleien“ in Feuerzangenbowlen-Manier. Dem unter der Arbeitsbelastung und dem Unvermögen der Schüler leidenden Karikatur von einem Lehrer (Nikita Merlin)  saßen die Lümmel von der Bank gegenüber, die dem Studienrat mit Explosivem und Überschäumendem arg zusetzten und schließlich mit eilig gebrautem Bier besänftigten konnten.  

Die passenden Knittelverse dazu, vorgetragen von Ole Fleck, verbreiten im vollen Schillersaal Frohsinn und Heiterkeit. 

Ebenso hatte „Moppy,  das singende Diskettenlaufwerk“ die Lacher auf seiner Seite. Andererseits zeigten sich die Programmierer um Emanuel Gareis (angeleitet von Marek Czernohous) ganz auf der Höhe der Zeit; gilt es doch wieder als schick, der althergebrachten Digitalhardware Musikalisches zu entlocken.  

Einfühlsames und Melancholisches hatten „Kitsch mit Stil“ (Malte Michalek (Gesang)und Pascal Allemann (Piano) im Repertoire. Die Zwölfklässler wussten vor allem mit einer gelungenen „All of me“-Interpretation (im Original von John Legend) das Publikum für sich einzunehmen. 

Die Ehemaligen Linus Adam (Gesang, Gitarre) und Emma Uryzaj (Piano und Gesang) überzeugten mit hingebungsvollem Singer-Songwriting aus eigener Feder und einer gehörigen Portion Sentiment. 

Einen gelungenen Kontrapunkt lieferte das Bandprojekt „Zwoviertel“. Zusammen mit seinem Konterpart Lukas Ehret am Schlagzeug präsentierte  Alexander Komyakov an der Gitarre unprätentiösen und ehrlichen Garagenrock. 

Die Tanz-AG, ein Stammgast bei allen zurückliegenden KISS-Abenden, bot zur einer angenehm unaufdringlichen musikalischen Untermalung  ansehnlich choreografierte Formationen. Man weiß deren  Auftritte als    unverzichtbares Element in der Dramaturgie eines Schiller Kulturabends zu schätzen. Das gleiche gilt im Übrigen für „Magister“, die mit ihrem zweiten Auftritt den Abend beschließen durften. Nach einem denkwürdigen KISS-Abend, der souverän und stilecht von Mara Betjemann und Malte Michalek moderiert wurde,   herrschte allgemeine  BiSs (Begeisterung im Schillersaal). 

Christoph Keppler 

Fotos von Wolfgang Reinbold