Henry Wacker vom Schiller-Gymnasium Offenburg hat mit seinem Team den zweiten Platz beim „F1 in schools“-Wettbewerb belegt.
Ein Vizeweltmeister in Offenburg – ja, den gibt es seit wenigen Wochen. Der 16-jährige Henry Wacker vom Schiller-Gymnasium hat mit seinem Team den Titel jüngst in Abu Dhabi gewonnen. Sie setzten sich gegen 55 Teams aus 22 Ländern durch beim internationalen Wettbewerb „F 1 in schools“ – dabei fahren kleine selbstgebaute Modellrennautos um die Wette.
Dass sie so erfolgreich sein würden, daran hatte Henry Wacker nicht geglaubt,
als er im Sommer 2018 seine künftigen Teamkameraden bei der Science-Akademie in
Adelsheim im Odenwald kennenlernte. Besonders begabte und motivierte Schüler
nahmen daran teil. Einer von ihnen schlug vor, doch zu Sechst beim Wettbewerb
„Formel 1 in der Schule“ anzutreten. Obwohl er bis dato kein wirklicher
Formel-1-Fan war, sagte Henry zu. In manch durchgearbeiteter Nacht später
bereute er diese Zusage, gibt er der Elftklässler heute schmunzelnd zu. Doch am
Ende habe es sich ja gelohnt und Spaß gemacht habe es allemal. Und hätte er
sonst vielleicht jemals Nico Rosberg, Formel-1-Weltmeister 2016, kennengelernt?
Infos unter racingteamfusion.de sowie auf Youtube, Instagram und Twitter.
Beim Projekt „Formel 1 in der Schule“ bauen Schülerteams ein Formel-1-Modell,
das dann eine 20 Meter lange Strecke zurücklegen muss. Beim Fahrzeug, das von
einer Gaspatrone angetrieben wird, gibt es strenge Vorgaben etwa zu Größe und
Form, die einzuhalten sind. Das Modellauto muss schnell sein, es müssen aber
auch allerhand Aufgaben bewältigt werden und viele Kategorien fließen in die
Gesamtbewertung ein.
Das Auto von Henry Wackers Team war ziemlich schnell, die Bewertungen waren
gut. In diesem Jahr wurden sie deshalb Baden-Württemberg-Meister, dann bei der
Deutschen Meisterschaft Vizemeister und so durften sie nach Abu Dhabi, wo Ende
November die Weltmeisterschaft stattfand. „Das ist eine unglaublich tolle
Leistung“, sagt Elisa Gittinger, die bei der gemeinnützigen GmbH
„Formel 1 in der Schule“ arbeitet. Sie organisiert die Wettkämpfe
hierzulande.
Schon bei der Deutschen Meisterschaft sei Fusion – so nennt sich Henry Wackers
Team – Meister der Herzen geworden. „Sie sind einfach unverkrampft und mit
viel Spaß bei der Sache“, erklärt Gittinger. Und sie seien toll organisiert,
hätten an alles gedacht. Die Teams sind nämlich für vieles selbst
verantwortlich, etwa für die Sponsorensuche, um so Fahrtkosten, Trikots und
Aufenthalte bei Wettbewerben zu finanzieren. Knapp 160 000 Euro in Form von
Geld- und Sachspenden hat das Team für die Weltmeisterschaft von über 50
Sponsoren bekommen, die entweder Geld beisteuerten oder Arbeiten wie einen
3-D-Druck übernahmen.
Sponsorensuche, Planung, Konstruktion, Dokumentation – von Henry Wackers Team,
das in ganz Baden-Württemberg verteilt ist, übernahm jeder gewisse Aufgaben,
viel wurde gemeinsam erledigt. Henry, dessen Lieblingsfach Mathe ist, kümmerte
sich um die Portfolios, die auf Englisch das Projekt und die Arbeit detailliert
darstellen. Dafür hat er sich Kenntnisse im Grafikdesign angeeignet. In
Präsentationen musste das Team erklären, wie es aus dem vorgegebenen
Kunststoffblock das Grundgerüst ausgefräst und mit weiteren Einzelteilen
letztlich das Fahrzeug gebaut hat. So wurden etwa Spoilern aus dem 3-D-Drucker
verwendet, Teile lackiert und angeklebt – immer mit Vorgaben: „Selbst der
Lack darf nicht mal 0,1 Millimeter zu dick sein“, erzählt Henry Wacker,
der in Offenburg wohnt.
Nico Rosberg war vom Projekt begeistert
Da sich die Vorschriften bei jedem Wettbewerb ändern, könne man nie mit
demselben Fahrzeug an den Start gehen, erzählt Henry. Deshalb gebe es auch kein
grundsätzliches Idealfahrzeug. Beim Rennen geht es dann um Sekundenbruchteile.
„Die schnellen Fahrzeuge fahren die Strecke in 1 bis 1,1 Sekunden.“
Für die Weltmeisterschaft in Abu Dhabi wurde Henry Wacker vom Unterricht
befreit. „Angesichts des ausgesprochen anspruchsvollen Arbeitsgebietes
waren das keine Extraferien, sondern sicherlich wertvolle Erfahrungen für den
künftigen Beruf und fürs Leben“, sagt Schulleiter Manfred Keller. Dass man
nun einen Vize-Weltmeister in den eigenen Reihen sitzen habe, darauf sei man
natürlich sehr stolz.
Knapp zwei Wochen verbrachte Henry Wacker mit seinem Team, den Familien, einem
Lehrer und einem F-1-in-schools-Betreuer in Abu Dhabi. Eine anstrengende, aber
spannende Zeit mit vielen Einblicken in die Formel-1- und Ingenieursszene. Der
Wettbewerb selbst dauerte vier Tage. Die Rennzeit von Fusion war nicht allzu
gut, doch sie überzeugten mit ihren innovativen Ideen am Fahrzeug, bekamen
Punkte für die gute Präsentation.
Doch am Ende durften sie auf dem Siegerpodest stehen, wo sonst die
Formel-1-Stars gekrönt werden. Auch das große Formel-1-Rennen konnten die
Vize-Weltmeister besuchen. Auf der Grand-Prix-Strecke stellten sie an einem Stand
ihr Projekt vor. Nico Rosberg kam vorbei und war begeistert. Die Jungs nutzten
die Gelegenheit und testeten seine Reaktionszeit: Er sollte nach dem Erlöschen
der Startampel den Knopf drücken, um das Fusion-Auto in Gang zu setzen. Die
Jungs waren beeindruckt: „Er war schneller als jeder bei der
Weltmeisterschaft“, erzählt Henry.
„Das war wohl das beeindruckendste, das ich jemals in meinem Leben erlebt
habe“, sagt Henry Wacker . Auch wenn er manchmal den Kopf schüttelt:
„Das alles nur wegen eines 20 Zentimeter großen Autos. Schon
verrückt.“
Sophia Hesser (BZ 23.12.19)